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Thomas Bernhard, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 30. Mal jährt, stirbt einfach nicht. Stattdessen lebt er immer wieder auf. Dabei kann auch die jüngere Generation immer noch etwas mit ihm anfangen. Lukas Kummer adaptiert sein autobiographisches Werk Die Ursache. Eine Andeutung als Graphic Novel (Residenz Verlag).

 

Noch immer hat die Graphic Novel einen zweigeteilten Ruf, obwohl sie sich mittlerweile stark etabliert hat. Comics schreien immer noch nach Superman, nach Hulk, nach fiktiven Weltrettern oder (noch schlimmer) -verbesserern. Dabei hat sich allerspätestens mit Art Spiegelmans Maus, das über seinen Vater erzählt, der den Holocaust und Auschwitz überlebt hat, das Comicgenre in den Achtzigern um 180 Grad gedreht.

Lukas Kummer hat sich zwar auch jemanden ausgesucht, der als Held (oder eben als Antiheld) bezeichnet werden könnte. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein grünes Ungetüm, sondern einen der wichtigsten österreichischen Nachkriegsautoren: Thomas Bernhard.

Die fünf autobiographischen Werke des bekannten Autoren wurden sehr berühmt, nicht zuletzt, weil sie eine Erklärung für seinen düsteren und unnachgiebigen Stil gaben. Sie erschienen damals ebenfalls im Residenz Verlag, der erste 1975. Kummer begann sein Projekt mit Die Ursache, in der Bernhard die Kindheit im Internat und die Zeit während des Krieges rekapituliert. Dabei bleibt er schonungslos allen handelnden Personen gegenüber, wie auch sie es zu ihm gewesen seien sollen. Die Weltuntergangsstimmung im Bernhardschen ist es, die von Kritikern als unverbesserlicher Pessimismus bezeichnet wird und ihn dennoch als unweigerlichen Realisten erscheinen lässt.

© Winona Bach

Kummer hat den Text und auch die Zeichnung auf das Wesentliche beschränkt. In nüchternem Schwarzweiß gehalten, fängt er mit einfachen Strichen die Stimmung auf eine Weise ein, die den Schrecken der Kindheit Bernhards nur allzu gut visualisiert. Der Schreibstil, sich wälzend in ewigen Wiederholungen, wird durch die einzelnen Panels hervorragend unterstrichen, indem nur die kleinsten Details sich verändern. Somit wird die geniale Fähigkeit des Autors, das Wichtige auf die eigene Art zu betonen, eingefangen.

Der Jungkünstler aus Innsbruck hat mit seinem mutigen Projekt einen erfolgreichen Beitrag zur Graphic-Novel-Szene geleistet. Vor allem für Novel-Neulinge ist dieser Kummer geeignet, weil er das Bekannte des (Anti-)Helden in das Ungewöhnliche einfügt. Kummer tourt mit seinem Bernhard durch den gesamten deutschsprachigen Raum. Seine Präsentationen sind regelmäßig ausverkauft. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen wird im Herbst bereits der zweite Teil der Autobiografie, Der Keller, im Residenz Verlag erscheinen. Thomas Bernhard würde es gefallen!

 

Infos und weiterführende Links

Hier geht’s zu den Veranstaltungen mit Lukas Kummer.