Das Deine Mutter Studio ist mittlerweile seit 15 Jahren ein fester Bestandteil der österreichischen Hip-Hop Kultur. Als Kultstudio und Vertriebspartner waren die Räumlichkeiten im Lauf der Jahre Schauplatz zahlreicher österreichischer Musik-Produktionen. Aber auch darüber hinaus haben auch hin und wieder internationale Musiker und Musikerinnen ihren weg zu DJ King, dem Betreiber des Studios, gefunden. Ich habe mich mit DJ King virtuell zu einem Interview getroffen. Wir haben über das vielleicht wirtschaftlich härteste Jahr für das Studio, die jahrelange Arbeit im österreichischen Musikgeschäft und den täglichen Hustle als Live-DJ gesprochen.
15 Jahre Deine Mutter Studio – aber bevor wir zum Anfang gehen, wollen wir vielleicht beim hier und jetzt einsteigen? Wie geht’s dir? Wie geht es dem Studiobetrieb wirtschaftlich gesehen im Corona-Lockdown? Wie wirkt sich das alles allgemein auf deine Arbeit aus?
Als erstes habe ich es gemerkt bei den DJ Gigs. Am 10 März haben sie das verkündet, mit 100 Personen Indoor – 500 Outdoor. Um 13 Uhr hab ich die Pressekonferenz gesehen und um 15 Uhr wurde mir der erste DJ Gig abgesagt – gleich einer für denselben Abend. Das ist irgendwie sehr schnell gegangen. Im Studio hat es noch ein bisschen gedauert. Im Lauf der nächsten Tage sind dann die Gigs einer nach dem anderen abgesagt worden. Fast ein Gig pro Tag. Zuerst hat es geheißen, bis Ende Juni, da war mir schon klar, im Sommer wird es nix geben. So hat es eigentlich begonnen.
Und mit dem Studio, ja pfff, ist’s es halt stressig, ich kann nicht alles so machen wie ich will. Ich kann nicht aufnehmen, ich glaub seit dem 15. März herum. Das ist jetzt fast 1 ½ Monate* her. Ich hatte allerdings noch das Glück, dass ich einiges da hatte zum Mischen und zum Abarbeiten. Also ich war eigentlich mehr eingeteilt denn je.
[*Anmerk. d. Red.] Das Interview wurde bereits April 2020 aufgezeichnet – die ersten Aussagen beziehen sich somit noch auf den ersten Lockdown.]
Ich glaube, dass viele Selbstständige und Angestellte im Musikgeschäft gerade ähnliche Erfahrungen machen. Was sagst du konkret zu dem Rettungspaket für Künstler/ Veranstalter/ Location? Hast du bereits Erfahrungen machen müssen mit dem staatlichen Unterstützungfonds?
Ja, ich bin dran gehangen an diesen Fördertöpfen. Bis jetzt habe ich aus dem Härtefall-Fonds* nichts bekommen. Es hat sich laufend was geändert. Ständig kam etwas hinzu oder wurde wieder gestrichen bei den Bestimmungen. Es könnte noch was kommen, bis jetzt ist noch nichts geflossen.
Klingt ein bisschen mühsam.
Ja, ist sehr mühsam. (lacht)
Themawechsel. Kommen wir mal zu was Erfreulicherem, reden wir über Hip-Hop und den Anfangszeiten im Studio. War das für dich immer schon ein Wunsch, dein Geld mit kreativer Arbeit zu verdienen? So zu sagen ein Ziel, das du fest verfolgt hast, oder hat sich das im Laufe der Jahre einfach herauskristallisiert?
Eigentlich hat es sich entwickelt, langsam muss ich sagen. Also ich habe ja ursprünglich Koch/Kellner gelernt. Das hat mir nicht sehr gefallen, da habe ich ca. 1-2 Jahre gearbeitet und parallel dazu im letzten Ausbildungsjahr – das ist jetzt schon zwanzig Jahre her – habe ich mit dem Auflegen angefangen. Das muss so um 2000 herum gewesen sein. Eigentlich rein aus Freude und so. Das hat begonnen, weil wir davor im Freundeskreis rund um das Skateboard fahren auch sehr Hip-Hop-affin waren. Dann dachte ich mir irgendwann, leiwand, einfach mal Plattenspieler kaufen. Am Anfang, also die ersten paar Jahre, war der finanzielle Aspekt noch gar nicht da.
Ich war froh, dass ich irgendwo spielen konnte und gemeinsam mit Freunden etwas machen konnte. Und dann ist zum DJing das Produzieren dazu gekommen. Offiziell fünf Jahre später kam dann das Studio hinzu. Aber am Anfang, die ersten paar Jahre, gab es gar keinen finanziellen Aspekt. Man will einfach auflegen, ich habe sicher weit über 100 Gigs gratis gespielt, aber irgendwann will man dann auch sein Geld dafür haben. Und so kam dann der Punkt, wo ich gesagt habe, ich will eigentlich nix anderes mehr machen außer: Auflegen, Studio, Beats produzieren. So hat sich das dann aus dem Hobby heraus entwickelt.
Irgendwann habe ich dann gemerkt: „okay“, das kann auch gehen. Ich mein, was ist denn schöner, als Geld mit dem zu verdienen, was einem Spaß macht? Dann wurde langsam klar, okay, dafür muss man halt auch gewisse Sachen machen, dass es irgendwann dazu kommt. Es hat dann doch noch sehr lange gedauert, bis es dann auch funktioniert hat.
Was für eine Ausbildung hast du dahingehend gemacht?
Ich hab dann eine Ausbildung an der SAE gemacht, aber nur so einen Halbjahreskurs, ich wollte ursprünglich drei Jahre machen (das war 2004 – also 1 Jahr vor der Studiogründung). Aber nach einem halben Jahr Music Producer Kurs, hab ich mir dann gedacht, dass Geld kann man irgendwie besser investieren in eigenes Equipment usw. und nicht in eine dreijährige Ausbildung, wo ich dann ein Diplom habe. Ich weiß nicht, vielleicht hätte es mir etwas gebracht, keine Ahnung. Ich bin froh, dass ich es so gemacht habe. (lacht) Also das meiste habe ich dann erst wirklich nachher gelernt, muss ich sagen.
Das Deine Mutter Studio habe ich das erste Mal bei einer völlig inkorrekten ATV-Doku über Hip-Hop in Wien wahrgenommen. Das ist mindestens 10 Jahre, wenn nicht noch länger her. Was war da los? Was war das für eine Doku?
(lacht) Ursprünglich wurden wir wegen einer Hip-Hop Doku über Wien angefragt. Sie wollten mehrere Leute begleiten. Ausgemacht war: Der kommt vorbei und filmt uns im Studio. Am selben Abend hatte Kid Pex einen Auftritt. Da wollten wir mit dem Kamerateam noch hin fahren und das Konzert spielen. So wurden wir 7 -8 Stunden interviewt. Geheißen hat es ja Hip-Hop in Wien. Man weiß ja was ATV ist. Wir haben schon damit gerechnet, dass das oag werden kann. Das es aber dann so rauskam, das war natürlich schade. Es wurde alles extrem zusammen geschnitten.
Wir wurden 7 oder 8 Stunden gefilmt. Man hat eine halbe Stunde über Konzerte in Wien gesprochen, da wurden wir gefragt, ob es da auch Stress gibt. Wir haben mehrmals „nein“ gesagt. Dann fragen sie: „Gab es EINMAL was?!“ Dann sprichst du genau über diese „eine“ Mal, und genau der Sager wurde dann genommen. Zum Schluss hieß das Ganze dann auch noch Jugendgangs in Wien.
Es wurde auch so zusammengeschnitten, dass ich zu sehen war, wie ich über die Straße gehe und aus dem Off war zu hören: „DJ King, der früher in einer Jugendgang in Wien war und im Gemeindebau lebt…..“. Was beides nicht wahr ist und wir nie gesagt haben.
Dadurch wurde alles ins falsche Bild gerückt. Ich muss aber nach wie vor sagen, jede einzelne Aussage, die wir gemacht haben, würde ich genauso unterschreiben. Es wurde halt alles sehr negativ zusammengeführt. Irgendeine maskierte Sprayer-Gang und irgendwelche Junkies aus Linz wurden dann da noch reingemischt. Es war halt kein neutraler Bericht über Hip-Hop in Wien, die wollten einfach nur ihre ATV Klientel bedienen. Es ist nicht das rausgekommen, was wir erwartet haben, aber Werbung war’s trotzdem. Man hat daraus gelernt, ein ATV Interview wird’s wohl keins mehr geben. Denn aus 6 -7 Stunden Interview-Material kann man wahrscheinlich alles so zusammenschneiden, dass es oarg klingt.
Früher hattest du ja zusätzlich zum Studio noch das Label Deine Mutter Records, das gibt es in der Form heute nicht mehr, warum nicht?
Kurz nach der Studiogründung 2005, wurde 2007 das Label gegründet. Wir wollten, wie das damals gemacht wurde, von Anfang bis zum Ende alles machen. Eine komplette Produktion betreuen über Songs, also gemeinsam schreiben/produzieren/aufnehmen. Anschließend alles mischen, Cover gestalten bis hin zum Presswerk – wir wollten alles abdecken. Wir haben es dann auch so gemacht, mit vielen Leuten. Eigentlich waren es halt Freunde größtenteils.
Was dann schlussendlich auch zu dem Problem geführt hat, dass man dann unterschiedliche Meinungen und Vorstellungen hatte. Und ja es hat sich halt wirtschaftlich nicht so rentiert wie ich es wollte. Wobei der wirtschaftliche Gedanke nicht im Vordergrund stand: Größtenteils wollte man es mit eigenen Leuten aufziehen, also österreichischen Hip-Hop fokussieren. Aber um in Österreich ein wirtschaftlich laufendes Label aufzuziehen, müsste man wahrscheinlich ein anderes Genre nehmen. Das war uns vorab klar, wir wollten es aber versuchen. Es ging in erster Linie darum, die eigene Musik herauszubringen. Wir hatten vorher schon Erfahrungen mit 1- 2 anderen Labels, die uns einen Plattenvertrag zu den ersten CDs hingelegt haben. Eigentlich hatten die nix besser gemacht als wir danach. (lacht)
Das war auch ursprünglich die Motivation, warum wir begonnen hatten, es selber zu machen. Wir dachten uns, was die können, können wir schon lange und besser. So wurde dann das Label gegründet. Das war dann richtig mit Investieren – ich hab Geld in die Hand genommen und viel Zeit investiert. Ich war dann auch an anderen Projekten beteiligt, die mit dem künstlerischen Aspekt nicht so viel zu tun hatten und hatte dort halt meine Prozente. Nach vier Jahren habe ich dann beschlossen, so in dieser Art macht das keinen Sinn mehr. Vor allem habe ich mehr Pressetexte geschrieben, Presseaussendungen gemacht und Meetings gehabt als eigentlich Musik zu machen. Und das war ja mal der Ursprung, um den es eigentlich hätte gehen sollen.
2011 habe ich dann beschlossen, das klassische Label machen wir so nicht mehr. Aus Deine Mutter Recrods wurde Deine Mutter Music, was jetzt mehr ein Vertriebspartner ist. Zusätzlich zum Vertrieb haben wir ein paar eigene Produktionen herausgebracht, zum Beispiel Releases von Penetrante Sorte, A.geh Wirklich, JJF uvm. Da haben wir weiterhin alles selber produziert und finanziert, alles von mir gemacht. Da kann man sagen, da steckte dieselbe Arbeit drinnen.
Und dann halt das ganze andere Zeug, das über den Vertrieb rennt, z.B.: Kid Pex, Odrej f.k.a Vially, Parasit , Max Schmiedl uvm. (beide lachen)
Du hast mittlerweile nach all den Jahren schon ein Haufen Produktionen auf dem Buckel. Wie ist das mit der Motivation? Ist das Ganze irgendwann einfach nur mehr ein Job? Woher nimmst du deine Motivation für die kreative Arbeit?
Es gibt Tage, da ist es ein reiner Job. Ich kann nicht sagen, dass es mir jeden Tag Spaß macht. Da weiß ich, ich muss das machen, ich muss das abgeben, aber eigentlich hab ich Kopfweh und würde gerne nur schlafen. Aber an und für sich macht es jeden Tag Spaß, denn selbst an so einem negativen Tag weiß ich, dass ich das machen kann, was ich mir ausgesucht habe und ich muss nicht Kellnern gehen. Oder irgendwas anderes machen. Spaß ist immer dabei. Es gibt solche und solche Tage. Genauso wie es solche und solche Songs gibt. Manches macht mehr Spaß, anderes wiederum nicht. Genauso verhält es sich bei Aufnahme-Sessions. Im Großen und Ganzen wüsste ich nicht, was ich sonst anderes machen soll.
Neben der Arbeit im Studio bist du ja als DJ viel unterwegs. Du bist jemand, der als Hip-Hop-DJ gut gebucht und bei vielen Liveshows zu sehen ist. Wie unterscheidet sich die Arbeit als DJ von deinem Job im Studio? Was von den beiden machst du lieber, wenn du es dir aussuchen kannst?
Mhm unterschiedlich…(überlegt). Natürlich ist vor Liveshows viel Vorbereitungszeit sowie Proben mit den Künstlern notwendig. Und dann kommt das Reisen dazu, man muss, oder besser gesagt man darf, wo anders hinreisen. Ich spiele sehr gerne auch außerhalb von Wien. Da geht’s halt dann um ganz andere Arbeitszeiten als im Studio. Man kommt dahin, darf eine Stunde spielen und vielleicht fünf warten, bis man sein Geld bekommt. Man kommt viel unter Leute.
Das Studio hingegen ist komplett anders. Ich bunkere mich hier ein und es kommen Leute vorbei, man ist beim kreativen Prozess dabei. Dafür hat man im Studio nicht diesen Stress mit Backstage-Warterei und schlechtem Essen. Hier im Studio hab ich mein eigenes und eine gute Kaffee Maschine.
Es hat beides was, das eine ergänzt das andere. Ich bin irgendwie von Djing ins Produzieren gekommen, weil ich dachte, ich würde irgendwie gerne meinen eigenen Song im Club spielen, so dass die Leute dazu tanzen können. So ging es dann weiter vom Produzieren zum Studio, weil ich dachte, ich will ja den Song auch abmischen können. Ich kenn Rapper – ich will die selber aufnehmen. So ist das Schritt für Schritt gekommen. Ich finde beides gleich lustig, es ist ein guter Ausgleich. Das eine zum Rauskommen, viel Action, Leute sehen und das andere drinnen fokussiert und nur die Leute sehen, die man gerade braucht. Nur das eine ohne das andere wäre für mich schwierig. Also nur als DJ müsste ich 3-5 Mal die Woche auflegen und dabei auch Jobs annehmen, die ich eigentlich nicht machen will. Ich wäre jeden Tag unterwegs. Nur Studio, wäre auch schwierig, vielleicht müsste ich dann wieder weggehen, so geh ich ja nicht mehr weg, dass deckt sich einfach durch die DJ Gigs ab. (lacht) Es gleicht sich super aus. Wenn ständig nur Termine bei dem einen sind, dann sehne ich mich nach dem anderen.
Ich kann mir vorstellen, dass viele Leute das, was du tust, aus der Ferne als Traumjob sehen. Kannst du uns vielleicht einen kurzen Realitätscheck geben!? Wie sieht eine normale Arbeitswoche bei dir aus (wenn nicht gerade eine Pandemie für den absoluten Ausnahmezustand sorgt)? Wie viel Stunden muss man als Studiobetreiber & DJ hackeln, das man davon leben kann?
Also ich muss sehr viel arbeiten. Es gib Leute, die machen dass besser. (lacht) Ein 40-Stunden-Job war das noch nie. Ganz am Anfang waren es wohl 60-80 Stunden die Woche. Und irgendwann habe ich es dann langsam reduzieren können und habe es dann geschafft, mir mal einen freien Sonntag zu gönnen. So ist das seit ein paar Jahren, sagen wir es mal so. Aber ich habe es geschafft, dass zu machen, was ich machen wollte.
Es war nie „Ahh, scheisse , ich muss arbeiten!“. Natürlich, seitdem man damit Geld verdient, verdienen muss, wird es ein bisschen stressiger. Aber wie gesagt mittlerweile bin ich, wenn es geht, auf einer 6-Tage-Woche. Und nicht mehr auf 60-80, sondern auf 60-70 Arbeitsstunden vielleicht. (lacht)
Zu dir kommen auch viele junge Menschen aufnehmen. Manche, die vielleicht auch gerade mal ihre ersten Gehversuche in dem Bereich machen. Kommen auch manche, die teilweise mit falschen Vorstellungen und Hoffnungen in die Musikbranche gehen?
Einige schon, ja. Manche Junge sind unrealistisch, aber es gibt auch durchaus welche, die schon wissen was sie wollen. Die erwarten sich dann nicht gleich zu viel, die machen einfach mal langsam. Sehr viele kommen aber auch und nehmen den ersten Song auf und glauben sie reißen die Welt ein, irgendwie muss das ja auch so sein. Ich mein, das ist nichts Negatives. Bei meinem ersten Album damals habe ich das auch gedacht (lacht).
Das ist auch immer eine Frage des Alters, wenn jetzt jemand 25 -30 ist, geht der schon mal ganz anders an die Sache als ein 19-20 Jähriger. Wie gesagt, man dachte ja damals genauso. Wie unsere ersten Alben mit 20 rausgekommen sind, dachte man, dass wird jetzt Hip-Hop in Österreich revolutionieren und alles niederstampfen. Und dann kommt man mit den Jahren langsam runter. Die hartnäckigen Leute bleiben halt dann trotzdem dran.
Es gibt schon sehr viele, die sehr illusorisch sind, dabei auch ein paar ältere muss man sagen. Da wird ja auch aus Deutschland viel vorgegaukelt. Da denken Menschen dann, habe ich einen Song in der Modus Mio Playliste und mach so und so viel Geld, dann verdiene ich mich dumm und deppert. Das glauben halt schon viele leider. Aber wenn man mal recherchiert, was so ein Spotify klick einen bringt, dann kann man sich ganz schnell ausrechnen, wie viel man da braucht.
Was würdest du Einsteigern raten, die jetzt den Entschluss fassen, Berufsmusiker zu werden oder ein Studio/Label aufzumachen? Was ist deiner Meinung nach für die Anfangszeit das Wichtigste?
Mhm raten…. muss jeder selber wissen, aber Musiker zu werden nur wegen dem Geld ist wahrscheinlich der falsche Ansatz. Aber man muss halt grundsätzlich hartnäckig bleiben und Lust drauf haben, da lange Zeit zu investieren. Dabei darf man sich nicht zu viel erwarten, von heut auf morgen gibt’s halt nix.
Es gibt zwar immer wieder spontane Erfolge, man nimmt einen Song auf und es ist tatsächlich der erste und dann wird der auch noch ein Hit. Aber von etwas leben zu können, ist dann auch noch immer was anderes, als einfach mal irgendwie einen Hype zu haben. Vielleicht bekommt man (nach einem spontanen Erfolg) ein paar Konzerte und bekommt in einem Monat bei diesen Konzerten ein paar tausend Euro Gage.
Das ist dann 1-2 Monate schön und gut. Aber das Jahr hat 12 Monate und die können lang werden.
Kommen wir zur österreichischen Musik / Hip-Hop Szene. Was sagst du dazu, wie es derzeit läuft? Man hört ja nicht nur positive Sachen. Als jemand, der schon so viele Jahre dabei ist, was hat sich im Laufe Jahre gewandelt?
Manche Sachen werden besser. Es gibt schon mehr Hip-Hop und Rap aus Österreich. Aber es gibt kaum Medien die darüber berichten. Ja, TheMessage und vielleicht Fm4, die in ihrer Tribe Vibe Sendung speziell Hip-Hop spielen. Allgemein spielt Fm4 auch ein bisschen was. Ansonsten im Radio minimal, vielleicht auf Superfly. Ansonsten sind die Medien sonst sehr dünn gesät, wahrscheinlich eh dieselben wie seit 15 Jahren….Und jetzt gibt’s ja zusätzlich das Delay Magazine.
Ich glaube, im Jahr 2020 sind sich alle einig, Hip-Hop hat sich als Genre im Mainstream etabliert? Wie findest du das? Ist dabei irgendetwas auf der Strecke geblieben deiner Meinung nach?
Naja. wenn man jetzt „nerdig“ ist, muss man eigentlich sagen Deutschrap ist im Mainstream angekommen, aber Hip-Hop noch nicht. (lacht) Ja, sicher vieles, aber es haben sich ja alle Genres weiter entwickelt…
Was unterscheidet österreichischen von deutschem Rap? Wir verwenden ja immerhin dieselbe Sprache?
Österreich ist nach wie vor klein und was österreichischen Hip-Hop sehr viel Herz verleiht, ist der österreichische Dialekt. Damit hast du halt in Deutschland keine bis kaum Chancen. Ich glaube, das ist auch ein Grund, warum es in Österreich viele Menschen feiern. Wenn sie bei uns alle Hochdeutsch rappen würde, würde dadurch jetzt nicht mehr passieren. Es gibt ja genug deutsche Acts, die ja schon so rappen. Österreich ist halt klein, jede Szene ist bei uns klein. (lacht) Die Schauspielszene ist klein, die Sportszene ist klein. Es gibt Sportarten, die betreiben dann vielleicht genau fünf Leute in Österreich. (lacht)
Warum gibt es bei uns in Österreich keinen richtigen Markt für Hip-Hop-Musik, also so wie bei unseren deutschen Nachbarn. Warum springen hier die Großen nicht wirklich auf?
Es kommt schon, Schritt für Schritt. Es gibt ja die ersten größeren Kampagnen. Jetzt langsam spielen ja auch (österreichische) Acts größere Konzerte. Langsam können ja Acts auch schon ganz gutes Geld verdienen, dass gab’s zwar vor 10-15 Jahren auch, aber sehr wenig.
Aber Hip-Hop bleibt eine urbane Musik und hat viel mit Stadt zu tun, vielleicht liegt es auch daran. Und Österreich hat halt nur Wien, wir haben viele Landleute. Die ganze Kulturförderung, die es auch noch gibt, die sind aufgebaut auf das historische, also oft auf große Sachen abzielend, da geht dann viel in Klassik (und fixe Institutionen). Es kommen nicht die großen Förderungen den Hip-Hop-Projekten zugute, ab und zu fließen vielleicht ein paar Tausender für manche Alben. Es ist halt bei uns in Österreich nicht so im Mainstream angekommen auch vom Marketing her. Es gibt ein paar Rapper, die Werbesongs gemacht haben, aber nicht wie in Deutschland, dort haben die Nike-Deals. Und eine ganz andere Reichweite. Bei uns gibt man das Geld lieber dem Gabalier. (wir lachen)
Gibt es Studio-Anfragen, die du auch ablehnst? Hast du da vielleicht ein kurioses Beispiel?
Von Grund auf einmal nicht. Nein. Es gibt 1-2 Leute, mit denen muss ich nicht mehr aufnehmen. Muss man jetzt auch nicht namentlich nennen. So im Vorhinein denk ich mir, alles ist leiwand. Keine Ahnung. Wenn der Kickl mich anruft, dann sag ich nein. (lacht) Ansonsten fällt mir jetzt spontan nix ein.
Du bist ja neben dem ganzen ja auch noch Produzent, also klassischer Beatmaker? Wie schaut es im Moment in dieser Richtung aus?
Geplant immer. Ich sitz gerad an ein paar eigenen Sachen. Ich sitz auch wieder mit meinen Kollegen an etwas dran. Letztes Jahr war das ein bisschen weniger. Ich möchte eigentlich dieses Jahr wieder richtig Gas geben. Jänner, Februar hatte ich eigentlich auch wieder angefangen, jetzt hat sich natürlich wieder alles ein bissi geändert. Aber Beats mach ich eigentlich konstant, manchmal weniger, manchmal mehr. Wenn das Studio mich auffrisst, dann komm ich 3-4 Monate zu gar nix. Und dann gibt’s wieder Zeiten wo mehr geht. Geplant ist grad nix, was schon spruchreif wäre. Aber ich habe diverse Ordner und es wird an etwas gearbeitet.
Als DJ King bist du ja noch Teil von anderen Projekten, mir fallen da jetzt mal Penetrante Sorte oder AML – Aus mit Lustig ein, wie schaut es mit den Konstellationen aus? Gibt es da irgendwelche Pläne?
Als Penetrante Sorte haben wir uns kürzlich auch wieder zusammengesetzt. Aber wir haben keinen Stress. Der Phil [Anm. d. R – Rapper/zweites Mitglied von Penetranten Sorte] arbeitet gerade an einem Solo-Album und danach setzten wir uns bestimmt wieder zam.
Als AML haben wir jetzt schon lange nix unter dem Projektnamen gemacht. JJF hat vor drei Jahren ein Album rausgebracht, das habe ich komplett aufgenommen/gemischt/gemastered. Jetzt haben wir vor einem Monat das neue fertig gestellt. Das ist aber noch nicht draußen. Hat sich jetzt auch durch die Corona-Geschichte auch ein bisschen verzögert und wir überlegen noch, wann es Sinn macht, das zu releasen. Ich mein, anhören würden es sich jetzt wahrscheinlich die Leute mehr denn je. Aber veröffentlichen mit Live spielen und so ist jetzt halt ein bisschen schwer.
Aber ja, es kommt von überall was. Es passiert immer was.
Was wünschst du dir für das Studio und allgemein für die heimische Musiklandschaft? Für die Zeit nach Corona?
Das Studio hat jetzt 15 Jahre, und ich hoff, dass es noch 15 Jahre gibt und noch länger. Das alles immer besser und leiwander wird. Und noch coolere Tracks entstehen und es einen größeren Raum und mehr Equipment gibt und noch leiwandere Leute zum Aufnehmen kommen.
Ja und was die Musik-Landschaft angeht: Ja, dass sie mehr belebt wird, dass die Quote (von der sie seit Ewigkeiten reden) irgendwann erfüllt wird und sie mehr österreichische Musik im Radio spielen. Gerade jetzt in Corona-Zeiten wäre das sehr cool, wo die Künstler eh nicht spielen dürfen. Und im Idealfall, dass Österreich hier wie Deutschland oder Frankreich wird. Aber davon sind wir, glaub ich, momentan noch weit entfernt. Zumindest wäre zu hoffen, dass mehr Wertschätzung für heimische Musik entsteht. Vielleicht gibt es ja jetzt mehr Konzerte mit heimischen Künstlern, wenn das Reiseverbot noch lange bestehen bleibt.
[Anm. d. Red – Wir unterhalten uns noch kurz darüber, was für neue Optionen für Kunstschaffende in der Corona-Zeit gerade entstehen in Hinblick auf Streaming-Veranstaltungen. Dann bewerbe ich noch schamlos meinen letzten Artikel, bevor ich mich freundlich von DJ King verabschiede und ihm das Beste für’s Studio und die Zukunft wünsche!]
Danke fürs Gespräch!