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Gerald Herlbauer (4youreye ProjectionArt) ist Visualist und Projektionskünstler der ersten Stunde. Gemeinsam mit seiner Frau Eva Bischof-Herlbauer betreiben sie das Atelier „Lichtbogen334″ an der Spittelauer Lände. Seit zwei Jahrzehnten betätigen sich beide außerdem als Förderer audiovisueller Kunst. Wir haben uns mit Gery über die Kunst der Projektion, die Entwicklung der Szene und ihr Unternehmen 4youreye ProjectionArt unterhalten. 

Wir nehmen auf einer Bierbank vor dem Lichtbogen Platz. Entlang des Donaukanals flanieren und joggen an diesem Tag unzählige Leute. Seit 27 Jahren habe er sich nicht mehr die Haare so lange wachsen lassen, stellt der äußerlich veränderte Gery lachend fest. Im gemütlichen Plauderton erzählt er mir von den Anfängen als Kunststudent bis zum ersten Booking für die Formel1 in Kuala Lumpur. Ein langer Weg, den er nicht allein gegangen ist.

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Gery Herlbauer von 4YourEYE vor dem Lichtbogen334. Foto: Jakob Untner

4youreye und andere Projekte

7 Jahre lang war Gery als VJ solo unterwegs gewesen, ehe er um die Jahrtausendwende seine Partnerin Eva kennenlernte und heiratete. Sie unterstützte fortan das Kerngeschäft rund um 4youreye, das bald zur wichtigsten Einnahmequelle wurde. Auch andere Projekten wurden erfolgreich realisiert: Salon Projektionist, Lichtbogen334, Playground AV Festival, VideoText Festival und Kooperationen wie dem Take Festival oder AVnode – ein von der EU gefördertes Projekt im Verbund mit 14 europäischen Festivals mit Fokus auf audiovisueller Kunst.

Das Erfolgsduo half bei der Realisierung des ersten Festivals mit Schwerpunkt auf Visuals beziehungsweise Projektionen – dem Urban Art. Die Zusammenarbeit sollte 12 Jahre andauern. Gery war für das Projektionsdesign und die Technik zuständig; Eva übernahm das Booking der VJs, die eigens für jeden einzelen Musikact ausgesucht wurden.

Als Förderer und Mittler traten beide fortan an der Schnittstelle zwischen Visuals, medialer Kunst und audiovisueller Avantgarde auf (Film, Video, Fotografie und elektronische Musik). Im DJ Magazine, einem der renommiertesten Zeitschriften der Szene, wurden sie mehrmals unter den weltbesten VJs gelistet und konnten bereits Platz 3 der Weltrangliste für sich verbuchen.

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Gery Herlbauer: Elektronische Musik spielte von Anfang an eine wichtige Rolle. Foto: Jakob Untner

VJ versus Visualist: Exkurs

Mit der Bezeichnung Visual Jockey (VJ) beziehungsweise Visualist sind im weitesten Sinne alle Videokünstler*innen gemeint, die im Kontext von Veranstaltungen mit sogenannten Visuals (Lichtprojektionen) live arbeiten. VJs bedienen sich heutzutage modernster Computertechnik (VJ-Software-Programme), aber auch analoger und digitaler Videotechnik, um live eine Projektionsfläche (z.B. Leinwand, Raum, Häuserzeilen) zu bespielen. Hierbei sind der Fantasie in der Regel keine Grenzen gesetzt. Beim Festival of Lights in Wien inszenierte 4youreye beispielsweise die Fassade des Kunsthistorischen Museums, in Luxemburg erstrahlte zum Fürstentag die Burg in neuem Licht. Zwischendurch muss der Spittelauer Kletterturm als visuelle Spielwiese herhalten.

Während der Begriff VJ mehr im Club-Bereich und oftmals in der elektronischen Musik beheimatet ist, sind Visualisten auch in vielen anderen Bereichen (Theater und Oper, Bühnengestaltung, Werbe-Inszenierungen bei medialen Großereignissen) aktiv. Mit entsprechenden Projektoren können Visualisten ganze Hochhäuser (Projection-Mapping) bespielen oder fliegende Schiffe (Vgl. Oper „Der fliegende Holländer) im Raum projizieren.

Gery Herlbauer – Vom Kunststudent zum VJ und Visualisten

Am Anfang war der Beat. Als Gery Herlbauer von der elektronischen Musik (damals vor allem Trance) in den Bann gezogen wurde, studierte er noch an der Kunstuniversität Linz. Der erste Rave auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens München-Riem im Jahre 1992 wurde für den jungen Kunststudenten zu einem Schlüsselmoment der künstlerischen Selbstfindung. Von diesem Zeitpunkt an, so Gery Herlbauer, sei er gehooked gewesen.

Er hätte immer schon eine starke Zuneigung zu Technik und EDV gehabt, erzählt er mir. Eine frühe Prägung erhielt er durch den elterlichen Haushalt. Sein Vater kam mit den ersten Computern zum Ausprobieren nach Hause. Ab sofort wurde der Computer das wichtigste Element „von dem, was ich halt gemacht hab.”

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Im Lichtbogen334: Gery hinter den Decks.

Im Spannungsfeld zwischen Techno und Computer kam eines Tages die Erkenntnis, dass man passend zum Sound mit einfachen Mitteln Grafiken und Bilder live steuern könnte. Loops und 4/4-Takt erleichterten die Anwendung beziehungsweise Entstehung einer Kunstform, die ursprünglich die Erfahrungswelt der elektronischen Musik um eine Dimension erweitern wollte. Der VJ war geboren.

Im Spätsommer 1993 hatte Gery seinen ersten Visuals Auftritt im Rockhouse in Salzburg: Mit einem Röhrenbeamer bespielte er live (Gery war damit tatsächlich einer der Protagonisten im live vjing) eine einundhalb Meter breite Leinwand, die über dem DJ Pult hing. Sein erstes Setup: Ein VGA Switch mit drei Computern. Hierbei switchte er das VGA-Signal hardcutmäßig runde 150mal in der Minute hin und her. Der hierfür benötigte Switch war nach einer Veranstaltung nicht mehr zu gebrauchen. Videomischer waren zu dieser Zeit zwar bereits auf dem Markt, für einen Studenten allerdings kaum erschwinglich.

Viele VJs spielten beispielsweise analog mit VHS-Kassetten und zwei, drei Videorecordern. Mit einfachen Mitteln erzielte man tolle Effekte: von Farbpaletten zum Durchschieben bis hin zu rudimentären 3D-Animationen ließ man der Kreativität freien Lauf. Im Laufe der 90er Jahre entwickelten Programmierer jedoch die ersten Tools wie Moonster, ArKaos, und Resolume, die neue Spielformen von Live-Visuals ermöglichten. Der letzteren Software ist Gery bis heute treu geblieben. Man kennt die beiden Programmierer seit den Anfängen und bis zum heutigen Tag herrscht ein regelmäßiger Austausch zum Thema.

Da er nun sein künstlerisches Ausdrucksmittel gefunden hatte, legte Gery sein Studium vorerst ad acta. Zwar gab es bereits die Ars Electronica, doch war die Videokunst beziehungsweise der Computer als Medium in seiner Meisterklasse noch nicht anerkannt. Mit älteren Professoren darüber zu streiten, ob das Kunst sei oder nicht, danach stand ihm nicht der Sinn.

4youreye – eine Erfolgsgeschichte

Langsam wurden auch Werbeagenturen und Firmen auf das Potenzial der Visualisten aufmerksam. Denn so gut wie jeder Event konnte mit Visuals als neuer Darstellungsform ausgestattet werden. 4youreye konnte mit den hauseigenen Systemen rasch auf verschiedenste Anforderungen reagieren. Aus diesem Grund erhielten die beiden immer mehr Aufträge aus dem normalen Eventbereich und der Industrie. Von hier floss auch das Geld in den Aufbau der Firma 4youreye Projektionsdesign und Technik GmbH.

Schnell kristallisierte sich das wirtschaftliche Hauptbetätigungsfeld heraus: Industrie-Events, Produktpräsentationen, Awards und Konzerte. Mit den steigenden Einnahmen aufgrund der vielen Aufträge konnten die beiden weiteres Equipment einkaufen, das gerne auch jungen Künstler:innen zur Verfügung gestellt wurde. Anfangs noch von professionellen Technikern belächelt, kann 4youreye mittlerweile dem ORF bei der Inszenierung der Wiener Festwochen unter die Arme greifen.

Einen Ausgleich zum stressigen Alltag findet Gery auf einem Segelboot in der Adria. „Segeln ist einfach die Einheit mit der Natur, du verwendest den Wind, um dich fortzubewegen, du bleibst stehen, wenn keiner ist, du hast Stress, wenn zu viel ist. Einfach hinsegeln, wohin man will. Das ist eine wunderbare Art Urlaub zu machen.”

Salon Projektionist – Lichtbogen334

Der Lichtbogen334 an der Spittelauer Lände ist unter Szene-Leuten schon lange als Kreativ-Labor, Galerie und Veranstaltungsort eine beliebte Adresse. Zuvor gab es bereits den Salon Projektionist in der Nähe des Westbahnhofs. Dieser wurde Anfang der 2000er Jahre von beiden gegründet. Somit gab es am Neubaugürtel eine Austellungs- und Inszenierungsfläche für VJs, Visual Artists, Visualist*innen und alles, was mit digitaler Kunst zusammenhing.

Der Lichtbogen als Nachfolge-Projekt entstand durch Evas Intervention. Nachdem das alte WERK übersiedeln musste und seine Frau dort ein Atelier unterhielt, musste man sich um einen neuen Standort kümmern. Wie der Zufall so wollte, war ein Bogen neben dem neuen WERK frei. Nach einigen Überredungskünsten seitens seiner Frau brachte man die Firmenübersiedlung der 4youreye GmbH schließlich über die Bühne. In direkter Nachbarschaft zum WERK Club und zur Grellen Forelle fügte sich der Lichtbogen hervorragend in die umliegende kreative Landschaft ein. Im Laufe der Zeit entstand hier eine rege Community, auf die man stolz sei.

Zwischen WERK und Lichtbogen. Foto: Jakob Untner

Lichtbogen334 – Gegenwart und Zukunft

Als es Mitte März zum Lockdown kam und sämtliche Veranstaltungen abgesagt wurden, sanken die Einnahmen von einem Tag auf den anderen auf null Euro. Vom Härtefallfonds bekam man relativ rasch € 1000. Zwei Mitarbeiter wurden auf Kurzarbeit geschickt, außerdem gewährte das WERK eine Mietreduktion. „Die oberste Direktive ist: den Lichtbogen so lange wie möglich zu halten. Wenn wir draußen sind, gibt es den Lichtbogen nicht mehr.”

Spittelau: Lichtbogen334

“Bitte Minimum im Abstand halten” Foto: Jakob Untner

Gery Herlbauer ist aber bereits jetzt wieder in Projekte involviert. Streamingmäßig ist er beispielsweise mit einem seiner Lieblingsprojekt Bunkermukke beschäftigt. Tatkräftig unterstützt er auch die Initiative „Culture for President” – überhaupt, Gery ist ein alter Hase in puncto Streaming. In der Vergangenheit arbeitete 4youreye bereits mit dem in Berlin ansässigen Techno-Konstrukt Liquid Sky zusammen. Die Technik ist Gerys Steckenpferd – sein Ruf als exzellentes audiovisuelles Mastermind eilt ihm auch auf internationaler Ebene voraus.

Weiterführende Links

4YourEYE ProjectionArt

Lichtbogen3344youreye ProjectionArt