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Wenn der kulturell offene und sich seiner ethnischen Vielfalt bewusste Teil von Wien eine Band wäre, dann wäre das wohl EsRAP. Das Duo glänzt immer wieder durch Stilsicherheit und einer Darbietung, die vor allem durch Alleinstellungsmerkmale aus der Masse heraussticht. Mit Yalla Habibi, ihrer aktuellen Single, hat das Duo ihrer Diskografie eine weitere authentische Hymne für Akzeptanz sowie positive Herangehensweise an die eigene Lebensrealität geschaffen.

EsRAP: In Wien und darüber hinaus

Nicht nur in Wien kennt man Esra und Enes, man kennt sie als Rap Duo EsRAP, aber auch für ihren stetigen Einsatz im Kulturbereich. Wenn man sie googelt, sieht man auf einen Blick: Der Feuilleton liebt die beiden. Und das meistens auch vollkommen zu Recht, denn die beiden verpacken kulturelle Offenheit in ein besonderes Gewand. Für mich als Ausländer mit migrantischer Identität ist das Wichtigste an ihrer Herangehensweise der emanzipatorische Anspruch, der schön provokativ daher kommt. Ihre Musik stärkt das Selbstbewusstsein und fordert heraus. Als musikalisches Beispiel dafür fällt mir da spontan der alte Klassiker – Der Tschusch ist da ein.

EsRAP

Das Power-Duo EsRAP. Foto: © Martina Lajczak

Zur wichtigen Message kommt meist eine Vermischung von Stilen hinzu, was als Ergänzung wunderbar funktioniert. Wenn Enes einen Gesangspart anstimmt, wird Orientalismus wunderbar in die Wiener Lebensrealität mit hinein gemengt. Besonders gefallen mir dabei deutsch gesungene Parts, die aber von der Betonung her komplett an osmanische Folklore angelehnt sind. Was anfänglich vielleicht als Diskrepanz anmutet, ergießt sich schlussendlich in eine wunderbare Harmonie fürs Ohr. Es stellt sich Fernweh ein, obwohl man eigentlich gerade Gesellschaftskritik lauscht.

Parallel zum Beschriebenen knallt meist Esras energetische Stimme auf den Beat rein. Bei Yalla habibi hingegen wiegt uns Esra in einen sanften Singsang, der im Hintergrund aber vor Energie knistert. Das ist Selbstbewusstsein und pure Power. Die Stimme klingt nach Provokation, Herausforderung und Aufbruch, diesmal aber ohne aufgeregt zu sein. Zusammen einfach eine klasse Mischung.

Yalla Habibi

“EsRAP schlagen mit ihrer neuen Single “Yalla Habibi” neue laszive Töne an. Während der deutsche Rap gerne großmäulig mit Geld um sich schmeißt, weiden sich die beiden lieber in ihren Defiziten. EsRAP Life is Baba Life. Wir haben ein Minus am Konto. Aber yeah! Yalla Habibi, komm mein Liebling wir feiern das.“

Fangen wir mit den harten Fakten an, bevor wir uns die künstlerische Auseinandersetzung der Single näher anschauen. Der Release lief wenig überraschend über das Berliner Label der beiden – Springstoff. Die Produktion entstand in Zusammenarbeit mit dem umtriebigen Wiener Label Duzz Down San. Als ich das sah, ließ mich das aufhorchen. Ich gewinne in letzter Zeit den Eindruck, dass Duzz Down San mittlerweile ihre Finger bei immer mehr interessanten österreichischen Produktionen im Spiel haben. Für Beat/Recording/Mix war TESTA von Duzz down Sun verantwortlich. Sowie Buzz für das Mastering des Tracks. Die großartige Videodarstellung wurde von Max Berner ausgearbeitet.

Yalla Habibi  ist eine vor Energie strotzende Hommage an das Leben. Und zwar an das Baba Leben. Hier wird (k)ein Film gedreht. Hier wird nicht mit falschen Hoffnungen von Heranreifenden gespielt. Im Gegenteil: Es wird ermutigt, das eigene Sein zu feiern.  Yalla Habibi, denk nicht so lange nach. EsRAP lassen sich in keine Schublade stecken. Nein, nein, die zwei haben ihre eigene Schublade mitgebracht. Und diese Schublade wird allen zugänglich gemacht, lasst uns zusammenkommen und feiern. Ein ehrenwertes Credo, welches musikalisch großartig umgesetzt wurde. Der Song ist ein Aufruf an die Selbstakzeptanz. Eine Ermutigung, das Anderssein mit Stolz zu repräsentieren.

 

“Du meintest du bist anders

Ich bin anders weil ich kann das”

 

Ein Lofi-lastiger Beat nimmt uns zu Beginn mit auf eine Unterseefahrt. Esras wunderbar ausproduzierte Stimme taucht auf aus dem Beat, um glasklar die ersten Lines mit viel Stil zu delivern. Der Track wirkt insgesamt gereift und in sich ruhend. Die Strophe teilt sich auf in einen auf deutsch gerappten und einen türkischen Part. Dafür ist Enes Gesang diesmal komplett auf deutsch gehalten. Die Hook wirkt dabei wie das Stärkungsmantra eines Derwisch. Ein Mantra, das darin bestärkt, keine Kopie zu werden. Ein Mantra für Selbstliebe. So, und jetzt genug Schmalz…

EsRAP

Die Geschwister Esra und Enes Özmen. Foto: © Martina Lajczak

….Insgesamt ist es eine sehr harmonische Nummer, die vielschichtig ist. Bei mehrmaligem Hören hat man immer die Möglichkeit, sich auf einen anderen Aspekt des Songs zu konzentrieren. Die Qualität ist sehr überzeugend, der Track ist großartig abgemischt. Auf jeden Fall eine heiße Playlist Empfehlung, wenn ich Punkte vergeben müsste, würde der Track 9 von 10 Köfte-Spieße von mir bekommen..…

Next Level und dabei sich trotzdem treu bleiben

Man konnte bei EsRAP in den letzten Jahren eine stetige qualitative Steigerung beobachten. Gerade die Videoauskopplungen der beiden begeistern im Netz immer mehr Seher. Für österreichische Verhältnisse ist das schon recht opulent, was hier aufgefahren wird. Und so ist es auch diesmal. Die Single überzeugt qualitativ in allen Bereichen. Schlüssig ist auch die dargebotene Authentizität, die EsRAP hier an den Tag legen.

Klickt man auf YouTube einen alten Track  der beiden an und vergleicht ihn mit ihrem heutigen Output, wird einem gleich etwas ins Auge stechen: Die zwei sind sich immer treu geblieben. Ihre Message zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Veröffentlichungen. Mal ist dieser Faden leicht im Hintergrund zu beobachten, mal dick und fett wie eine rote Grenze auf einer Landkarte unübersehbar.

Weiterführende Links

http://www.tschuschistan.at/

https://www.facebook.com/ESRAP.duo/

https://www.instagram.com/esrapofficial/