Seit 2017 liefert Money Boy alle zwei Jahre pünktlich zum Jahresabschluss einen Rap Up – einen klassischen Jahresrückblick in üblicher Rapmanier. Im typischen Money Boy-Slang wird das Jahr und vor allem das Geschehen innerhalb der internationalen Promi-Rapwelt näher beleuchtet. Natürlich nicht ohne popkulturelle Referenzen, Kreativität und jede Menge Schmäh. Für gewöhnlich müssen wir uns zwischen den Rap Ups immer zwei Jahre gedulden, doch dieses Jahr hat Money Boy für uns eine Ausnahme gemacht, um 2020 doch noch zu retten. Und das bezieht sich nicht nur auf den Zyklus, nein, sondern gerade auch auf Message und Inhalt. Denn die unterscheiden sich diesmal deutlich von den vorangegangenen Rap Ups.
Rap Up: Money Boy mit Message
Diese Zwischenüberschrift wäre ohne weitere Erklärung einfach nur sehr verkürzt und ein bisschen dumm. Denn sie würde implizieren, dass der gute Money Boy oder irgendein anderer Künstler jemals ohne Botschaft ihre Kunst transportieren könnten und das ist schlichtweg unmöglich. Denn das Weglassen einer Message, egal ob bewusst oder unbewusst, ist genauso eine Message. Das ist wie mit Kommunikation, es wird immer kommuniziert, auch wenn man schweigt.
Time for change
Was Money Boy dieses Jahr konkret anders macht: Er bezieht sich direkt auf aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse und thematisiert dabei das außergewöhnliche Pandemiejahr 2020. Ich denke, anders wäre eine Auseinandersetzung auch kaum möglich, wie will man denn als Künstler eine Pandemie ignorieren, die sich durch alle Bereiche des Lebens zieht!?
Die Regierung sagte: „Kein Grund zur Panik“
Aber das sagte auch der Captain der Titanic
Dann kam der Lockdown und die Maskenpflicht
Social Distancing und Geschäfte machten dicht
Money Boy bleibt sich und seinen Fans dabei doch stets treu. Also keine Angst, hier wird kein stocksteifer Politrap serviert, nein, der Wiener sagt in eigenen Worten:
Leute leugnen den Krankheitserreger
Heutzutage gibt es viele Aluhutträger
Ich muss den Shit hier auflockern mit Humor
Denn dieses Jahr war alles andere als funny, nie zuvor
Gab es so viele Tragic Events in einem Year
Freshness und Entertainment bilden also wie üblich im Money Boy-Universum den Rahmen und den Nährboden des Tracks. Für mich zählt Rap Up 2020 zu den besten Tracks des Jahres und ist jetzt schon einer meiner persönlichen Lieblingstracks von Money Boy. Der Beat kommt auch von keinem unbekannten, dafür war nämlich Young Kira zuständig. Das Artwork wurde hier von karlifetz übernommen.
This shit is serious
Wortkreationen und flexibler Grammatik-Einsatz, für die der Rapper früher belächelt wurde, haben sich mittlerweile längst etabliert und stellen heute mitunter Money Boys künstlerischen Anspruch sowie sein Alleinstellungsmerkmal dar.
Und ein schweres Jahr braucht für die richtige Portion Freshness auch eine ernste Herangehensweise. Und so zieht sich der rote Faden stimmig durch den Track. Denn egal, ob der Rapper wie zu Beginn des Tracks über die Lebensrealität und den täglichen struggle in Coronazeiten berichtet oder über die Ermordung des George Floyd rappt. Beides betrifft in seinen Auswirkungen die gesamte Gesellschaft, beides ist ernster Scheiß. Zwischendurch wird der Spannungsbogen durch auflockernde Lines wie das Thema rund um den deaktivierten Instagram-Account von Lil Boosie oder Tekashis Rückkehr ins Game unterbrochen.
Zum Schluss gibt uns Money Boy noch eine positive Message für den Weg mit. Denn auch wenn die Zeiten schwer sein mögen, erinnert uns der Künstler daran, dankbar zu sein für das, was wir haben, um trotzdem positiv zu bleiben. Und genau für solche kleinen aufmunternden Erinnerungen brauchen wir so dringend unsere Kunstschaffenden und ihre Kunst, nicht bloß als Entertainment.