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Die Band Drahthaus hat im Topkino ihre zweite Single Rite des im März erscheinenden Debütalbums vorab gescreent. Delay Magazine war vor Ort. Mit ihrem Kollektiv haben sie in vier Drehtagen in Südtirol ein Video in Eigenregie gezaubert, das ihr mäanderndes Musikgemisch erst so richtig zum Kochen bringt. 

Der Schauspieler Simon Frühwirth, auch bekannt durch den österreichischen Film “Nevrland”, der gerade im Kino zu sehen ist, spielt darin die Hauptrolle. Am Sound entlang gelingt es ihm mit ausdrucksvollem Wegweisen, den Zuschauer zu packen und mitzureißen in eine Fantasiewelt, die ihm selber und dem Zusehend- und -hörenden direkt absolute Rettung verspricht. Man fühlt sich, angetrieben durch den immer wuchtiger werdenden und wummernden Sound von Drahthaus, als ob man in einen Undergroundclub einer österreichischen Sekte eintritt. Aber man merkt ziemlich schnell, gefangen im hypnotisierenden Sog des Hauptdarstellers, dass etwas nicht ganz stimmt in diesem Club und ergreift mit ihm die Flucht durch die Südtiroler Wälder vorbei an Plastikgeistern und Steingestalten. 

Drahthaus schaffen es mit ihrem Musikvideo, in erstmaliger Eigenregie, nicht nur ihren Sound zu übersetzen und bildhaft einzufangen, sondern erschaffen nebenbei einen ansprechenden 7-minütigen Kurzfilm, der im Einklang mit dem Titel Rite, zu deutsch “Ritual”, als Gesamtkunstwerk funktioniert. Sie kreieren damit nicht nur generell durch ihre Musik eine eigene Welt, sondern zeigen uns endlich, wo denn dieses Drahthaus steht, das sie da bewohnen. Das Delaymagazine hat sich vor dem Videorelease  mit den vier Musikern (Hans Zoderer, Ludwig Ascher, Valentin Martins, Simon Öggl) und dem Schauspieler Simon Frühwirth im Topkino in Wien getroffen und sie interviewt.

 

Ihr seid in eurem Video zu der zweiten Single Rite des kommenden Debütalbums zum ersten Mal nicht in Persona im Video zu finden. Dadurch, könnte man sagen, entfaltet sich der Sound von Drahthaus organisch ohne mit den Augen am visuellen Spielen der Instrumente kleben zu bleiben. Denkt ihr darüber nach, auch in euren Liveshows visuell oder performativ mit anderen Künstlern zu arbeiten oder war das jetzt etwas, was sich einfach so ergeben hat?

Ludwig:
Ja natürlich, wir arbeiten jetzt schon mit visuellen Künstlern zusammen, zum Beispiel mit Anita (Brunnauer), die heute auch da ist. Die hat auch bei diesem Video mitgearbeitet. Sie hat die Kostüme gemacht, genau.
Simon:
Früher haben wir auch schon eine Lightshow gemacht. Nicht nur Visuals, sondern auch Licht ist ganz spannend für uns. Ja, eben weil oft schon so viel auf der Bühne abgeht ist dort auch Licht ganz praktisch, weil man da mit Licht noch eine zweite Ebene hat. Wir suchen noch nach Konzepten, wie man das alles super in Zusammenklang bringen kann.
Ludwig:
Das haben wir ganz bewusst diesmal gemacht, dass wir eben uns nicht zeigen, nicht zeigen wollten. Was genau eben in dem Video wichtig ist, ist, dass es eben eine Geschichte erzählt. Dass es eine Geschichte erzählt, wo alles für sich selber stehen kann und auch abgekoppelt voneinander funktioniert, aber dann auch sehr schön ineinander gleitet.

Mit Unsquare, eurer ersten Single, die vor ein paar Monaten released wurde, habt ihr für das Video mit anderen Künstlern zusammengearbeitet. In Rite erzählt ihr entlang des Sounds und einem Skript eine eigene Story. Wie spannend und aufwändig war es, Rite in kompletter Eigenregie und mit einer eigenen Idee zu verwirklichen? Wie war die Zusammenarbeit mit den Schauspielern, also allen voran mit Simon Frühwirth, der hier ja auch grad anwesend ist? 

Valentin:
Also ich fand, das war sehr spannend. Auch weil wir zum ersten Mal die Produktion wirklich selber schupfen wollten oder geschupft haben. Das war jetzt über ein Jahr Planungsphase bis zur Umsetzung. Natürlich haben auch externe Leute, die nicht in unserem Kollektiv sind, mitgemacht. Das hat mit der Location eigentlich begonnen – der Idee, dort etwas zu machen. Dann haben wir mit einem Bekannten, der schriftstellerisch tätig ist (Simon Angerer), am Drehbuch gearbeitet und haben uns separat oder parallel mit verschiedensten Leuten getroffen, die dann auch mitgearbeitet haben. So ist das auch mit dem Simon entstanden. Wir haben uns einfach ein paarmal getroffen und dann entschieden: Wir wollen das tun. Die Zusammenarbeit war relativ reibungslos und es war eine gute Gesprächsbasis schon da, dadurch dass wir uns in dem halben Jahr davor schon relativ gut kennengelernt hatten.

Ja, Simon, wie war das für dich?

Simon Frühwirth:
Es ist immer spannend. Also ich hab mich glaube ich deswegen auch so begeistert gefühlt, weil ich gespürt hab, dass es etwas Persönliches ist und das es wirklich von ihnen selber kommt. Das finde ich einfach leiwand, wenn man da mit Herz dabei ist.

Kann man sich dann auch auch besser reinfühlen in die Rolle?

Simon Frühwirth:
Naja, es geht. Die Arbeit an sich würde ich sagen, macht auf jeden Fall mehr Spaß mit Leuten, die man gern hat. Wir sind da echt sehr zusammengewachsen seit der Zeit. Und klar: Video, Film – das ist immer ein Lernprozess. Das war für mich auch nochmal ganz anders. Davor war es halt professioneller (bei Nevrland), da ist natürlich viel mehr dahinter bei den Leuten, die da reinhackeln. Bei Drahthaus war es eben auch die Produktionsleitung (Valentin) und der Simon, was es ausgemacht hat. Die hatten das alles noch nicht gemacht. Dieser Lernprozess, das Wissensammeln, das war wirklich so schön zu sehen von Tag zu Tag.
Hans:
Vielleicht noch ganz kurz. Ich finde einfach, das war schon ein Grund, warum wir auch entschieden haben die Produktion selbst in die Hände zu nehmen. Also es waren nicht nur die Leute aus der Band, sondern auch viele aus dem Kollektiv. Bei uns geht es generell um Lernprozesse. Wir wollen weiterkommen, wir wollen Dinge ausprobieren, experimentieren. Dann ist es immer das Beste, einfach ins kalte Wasser zu springen.
Simon:
Wir haben da auch große Hilfe bekommen von den Betreibern vom Marmorbruch selber und auch den Statisten. Da waren ein paar wirklich engagiert und haben sich über ihre Rolle hinaus eingebracht.
Valentin:
Das kann man aber über sehr viele Departments sagen. Die Anita zum Beispiel hat die Figuren mit den Masken zusammen mit dem Ludwig (Tomaschko) 3D-entworfen und sich da auch wirkliche Gedanken gemacht. Was hat das für einen kulturellen Hintergrund, wenn man das Kostüm so oder so macht? Da hat es in den letzten Wochen davor das Problem gegeben: 3D-Drucken ist ja nicht billig und wir haben das über einen Kontakt günstig machen können. Dafür ist es aber nicht schnell gegangen und uns ist die Zeit davon gelaufen. Wir haben es dann am Ende hinbekommen, aber es war einfach sehr viel Herzblut von vielen Leuten drinnen und das war das Schöne. Die konnten sich da super einbringen und konnten aber auch ihren Freiraum haben. 

Ja, man merkt, dass sich da was verbunden hat. Da ist die Frage dann ja auch nach dem Drehort, also wie seid ihr beispielsweise zu dem Laaser Marmorsteinbruch gekommen? Kommt da jemand von Drahthaus her?

Hans: 
Ja genau, Simon und ich sind genau aus der Gegend. Im Grunde haben wir auch schon mal ein anderes Konzept in diesem Marmorbergwerk machen wollen, aber es ist irgendwas dazwischen gekommen und dann haben wir es nicht gemacht. Gerade gestern hatten wir im Steinbruch in der Vorführungshalle eine Art Vorpremiere, wo wir ein Konzert gespielt haben. Da sind wir darauf gekommen, dass die wöchentlich Anfragen von Künstlern bekommen, die bei ihnen drehen und filmen wollen. Ich glaube, bei uns hat ihnen das Konzept und der Zugang zugesagt. Sicher hat mit reingespielt, dass wir von dort sind und persönliche Kontakte hatten. Uns war schon bevor wir diese Idee zu diesem Video hatten klar, dass diese Location die Bombe ist, dass wir da einen Zugang haben und dass wir da irgendwas machen wollen. So hat sich auf die Location Hand in Hand das Konzept gesetzt.
Simon:
Man könnte noch dazu sagen, dass alle drei Drehorte in Südtirol recht bekannt sind. Der Laaser Marmor ist eines der wichtigsten Exportgüter von unserem Tal und gilt als weißester Marmor der Welt. Deshalb kennen wir das alles schon von Kind auf. 

Also die Roots…

Simon:
Genau. Auch der Haider See. Wir haben nur zwei Seen, also Vinschgau, und das ist einer davon. Und der Calvenwald ist bekannt dafür, weil da mal ein Freiheitskampf war. Wenn man von dort ist, hat man auf jeden Fall von allen drei Locations schon mal gehört. Also ja, die Roots.

Euer Sound scheint sich immer mehr und mehr zu Einem verbinden und ist etwas weggegangen von den ersten Releases, die vielleicht frickeliger und sozusagen auseinander und zusammen geklungen haben. Ist das eine bewusste Entwicklung, die ihr durchgemacht habt, oder gab es da einfach diese Richtung, in die ihr gehen wolltet?

Valentin:
Wir kriegen oft eigentlich genau das Feedback, dass der Sound von Drahthaus noch immer viel zu divers ist. Natürlich ist das auch eine bewusste Entscheidung. Wir wollen uns aber gleichzeitig nichts verbauen. Wir wollen im Prinzip einfach die Freiheit haben, das zu machen, was uns gerade taugt. Das kann sich auch ändern über die Zeit beziehungsweise entwickelt es sich weiter. Rite haben wir schon relativ lang in unserem Liveset. Wir waren vor zwei Jahren in Sardinien bei einem Stonerrockfestival. Da waren wir als Jamband gebucht für zehn Tage immer am Abend bei der Jamsession. Danach wollten wir was Rockiges machen. Diese Version, die es jetzt gibt, auch in der Länge, ist dann in relativ kurzer Zeit und auch in einem Guss entstanden. Finalisiert haben wir es aber erst in den letzten Monaten. Man wird halt auch besser in Sachen. Am Anfang will man immer in ein Ding sehr viel reinpacken und dann merkt man, das reicht oder das reicht…
Hans:
Generell ist unser Zugang zum Musikmachen, einfach die Vibes, die uns so genremäßig taugen, aufzugreifen und dann zu probieren und uns irgendwie davon beflügeln zu lassen. Wir sind alle ja auch als Nichtrocker auf das Festival gegangen und dann gleich als Post-Post-Post-Rocker (allgemeines Gelächter), also als Rocker zurückgekommen. Auf dem kommenden Album gibt es auch viel Abwechslung. Die ist uns wichtig. Das ist dann von Nummer zu Nummer unterschiedlich. Manche sind eher auf Abwechslung getrimmt und manche mehr auf einen kontinuierlichen Vibe, der sich reinschleicht. Wir wollen uns da nicht klar auf irgendeine Seite stellen, sondern anhand des Stückes und dem Moment entscheiden.

Letzte Frage: Wo gibt’s Drahthaus in nächster Zeit live zu sehen?

Valentin:
Es gibt einen super Moment uns live zu sehen: nämlich am 15. Jänner im ORF Radiokulturkaus. Da spielen wir das nächste mal in Wien und es gibt nur wenige Karten. Das Album erscheint dann im März.

Tickets fürs Konzert gibts unter

https://radiokulturhaus.orf.at/artikel/664104/Drahthaus