Die Hälfte der rund 1300 Medizinabsolventen pro Jahr verlässt Österreich. Etwa 80 Prozent der deutschen Studenten kehren wieder in ihre Heimat zurück, aber auch viele Österreicher gehen.
Zum Veranschaulichen: 2014 wurden sieben Medizinstudenten aus dem Bezirk Kitzbühel fertig. Keiner blieb im Bezirk, keiner in Tirol. Drei gingen in die Schweiz, einer nach Deutschland, drei nach Vorarlberg.
In Österreich werden jährlich 1620 Studienplätze, auf vier Fakultäten aufgeteilt. 91% davon entfallen auf die Studienrichtung der Humanmedizin und die restlichen 9%, stehen für die Zahnmedizin zur Verfügung. Sieht man nun den aktuellen Umstand, dass es vorne und hinten an auszubildenden Ärzten mangelt, möchte man meinen, die Entscheidung das Land zu verlassen, fällt den Meisten nur allzu leicht.
It´s all about the money
Als fertig ausgebildeter Arzt ist der Lohn über die Maße hinaus üppig und oft Motivation für angehende Mediziner, wobei dies nur die halbe Wahrheit ist. Die mit dem Beruf des Arztes verbundene Verantwortung wird nur zu gern außen vor gelassen. Überspitzt gesagt: Ist es bei einem Tischler “nur” ein Werkstück, bei dem er von vorne beginnen muss, sollte einmal was schiefgehen, so steht bei Ärzten ein Menschenleben auf dem Spiel. Diese Verantwortung gegenüber jedem einzelnen Patienten sollte einem immer bewusst sein und angesichts dessen, versteht es sich, wenn das Gehalt sich danach richten sollte. Hinzu kommt, dass der Verdienst extremen Schwankungen unterliegt, abhängig davon, wo man arbeitet, wobei Tirol hier leider die Nachhut bildet. In anderen Teilen Österreichs mag der Verdienst besser sein, jedoch noch lange nicht in dem Verhältnis, wie es sich in Deutschland oder der Schweiz präsentiert.
Azubi 2.0
Die Wahl des Lehrkrankenhauses entscheidet maßgeblich über die weitere Karriere. Immer mehr wird die Ausbildung von Machtkämpfen beherrscht und tendiert zu Eliteschmieden, die mehr einem Tunnelblick ähneln. Vieles hängt von der aktuellen Führung des Krankenhauses und deren Erwartung an die Auszubildenden ab. Grundsätzlich wird nicht an jedem Krankenhaus alles gelehrt, was auch nicht der Sinn des Systems sein soll. Ein Krankenhaus am Land hat weniger Kapazität und Möglichkeiten, als ein Universitätsspital, jedoch bietet es eine umfassende Basisgesundheitsversorgung für ein verhältnismäßig großes Gebiet. Das Universitätsspital hingegen bietet speziellere Themen der Medizin an, da diese dort mit großen Patientenzahlen gebündelt werden können. In Österreich gibt es sowohl das Eine, als auch das Andere. Bereits im Studium und während der praktischen Ausbildung wird man immer wieder damit konfrontiert, wie unzufrieden Einzelne mit Lehre und Arbeitsklima sind. Bestimmt ist es von Vorteil, bereits als Student zu wissen, wie es um eine Abteilung in einem Krankenhaus steht. Bedingt durch den Ärztemangel beträgt die Wartezeit auf eine Facharztstelle nur noch einige Monate. Der freien Wahl ist somit Tür und Tor geöffnet. Jener Arbeitsplatz, der sich am Besten präsentiert, hat die größten Chancen auf Nachwuchs. Die Hackordnung, in die sich ein Student einfügen muss, spielt eine besondere Rolle. In England wird es geschätzt, wenn ein Arzt einem Studenten Wissen vermitteln kann. Hierzulande kommt dieser Aspekt zu kurz. Während eines Praktikums werden die Studenten gar nicht realisiert, mit organisatorischen Aufgaben abgespeist oder mit abwartenden Aussagen vertröstet. Viel zu groß ist die Kluft in der Hierarchie zwischen dem Chef und dem “Azubi”. Die Methode, ins kalte Wasser geworfen zu werden mag einige Spitzenmediziner hervor gebracht haben, so ist es dennoch eine brutale Art des Berufseinstiegs.
Land in Sicht?!
Aktuellen Berichten zufolge wird geplant, einen weiteren Studienplatz in Tirol zu erschließen. Bereits jetzt mangelt es an Mitteln, um ausreichend Praktikumsplätze und Professoren zu finanzieren. Eine weitere Fakultät erhöht somit nur das finanzielle Loch, auf das der Gesundheitssektor zusteuert. Kostengünstige Alternativen sind das Ziel, um eine qualitätsorientierte Ausbildung zu sichern und Absolventen im eigenen Land zu halten. Eine Möglichkeit wäre die Verpflichtung zur Ausübung im Inland nach der Promotion.
Allgemeine Infos über Kontingent Studienplätze: http://www.medizinstudieren.at/
Artikel über neuen Studienort Tirol von orf.at: tirol.orf.at/news/stories/2751992/