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Die Autorin Hanna Sukare hat es sich zur Aufgabe gemacht, unbequeme Wahrheiten aus dem österreichischen Vergessen auszugraben. Mit uns spricht sie über ihren neuen Roman „Schwedenreiter“.

Hanna Sukare spürt in ihren Romanen, in knappen lyrischen Bildern, den Spuren der NS-Vergangenheit nach. Ihre Figuren werden von ihrer eigenen Vergangenheit oder der ihrer Familie gefangen genommen. Paul Schwedenreiter, der Hauptakteur in ihrem neuesten Roman „Schwedenreiter“, sieht sich ebenfalls mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Der Deserteursenkel geht, in Rage gebracht von der Ortschronik seines Heimatorts, der Geschichte seiner Familie, seiner Herkunft und des NS-Verbrechers nach, den eben dieser Ort zum Retter auserkoren hat. Wir haben Hanna Sukare einige Fragen zu ihrem neuesten Roman gestellt. Ihr Werk führt uns vor Augen, wie es um die Schicksale der Deserteure und deren Anerkennung in Österreich steht.

In Ihrem Buch „Schwedenreiter“ sind manche Verweise auf andere Werke mit Fußnoten versehen, dabei verweisen Sie unter anderem auf Werke von Thomas Bernhard, Ingeborg Bachmann und Hannah Arendt, sowie auch auf Recherchematerial. Was hat Sie dazu bewegt, diese intertextuellen Bezüge so sichtbar zu machen?

„Schwedenreiter“ ist lediglich ein Steinchen im Mosaik der österreichischen Bitterkeiten. So viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Philosophinnen oder Historiker haben dieses Mosaik lange vor mir angelegt und wieder andere werden nach mir neue Steine hinzufügen. Dieser Mosaizistenfamilie fühle ich mich zugehörig und freue mich, die Namen einiger nennen zu dürfen, deren Gedanken mein Text nah ist.

Sowohl in Ihrem Buch „Schwedenreiter“ als auch in „Staubzunge“ beschäftigen Sie sich mit dem Verarbeiten oder Nicht-Verarbeiten der NS-Vergangenheit. Was hat Sie dazu gebracht sich mit dem Thema auseinanderzusetzen?

Ich bin zwölf Jahre nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes geboren. Dieses Regime hat seine spitze Spreu in meine Kindheit getragen, in mein Jungsein und Erwachsenwerden, mal als Schweigen, mal als Dogma, mal als Gewalt. Was die Generation vor mir verdrängt hat, drängt sich mir auf, ob ich will oder nicht. Wie wenig nachhaltig die Auseinandersetzung meiner Generation mit dem Erbe des Nationalsozialismus war, zeigt sich in der derzeit herrschenden Politik, die Demokratie und Menschenrechte wieder preisgibt.

Sie setzen sich im Zuge Ihres Romans „Schwedenreiter“ mit schwierigen Themen der NS-Vergangenheit auseinander. Wie behalten Sie persönlich dazu Distanz?

Die Kunst schützt mich: Bilder, Musik, Bücher. Freunde und Freundinnen begleiten mich.

Wie sieht die Recherche für Ihre literarischen Arbeiten aus?

Langes absichtsloses Betrachten, Lektüre der Fachliteratur, langes absichtsloses Betrachten, Gespräche mit relevanten Personen, langes absichtsloses Betrachten, Reisen an relevante Orte, langes absichtsloses Betrachten, Aktenstudium in den Archiven, langes absichtsloses Betrachten.

Wenn Sie historische Gegebenheiten in ein literarisches Werk einfließen lassen, welche Freiheiten sind Ihrer Meinung nach gegeben oder nicht gegeben?

Die Beschreibung historischer Gegebenheiten verlangt ebensoviel Genauigkeit und Transparenz wie die Erschaffung von Figuren. Der Bericht des Paul Schwedenreiter – die fiktive Hauptfigur des gleichlautenden Romans – über die Laufbahn eines Adjutanten des Salzburger Gauleiters Scheel, stützt sich ausschließlich auf Dokumente in- und ausländischer Archive. Den Bericht über die Laufbahn des Adjutanten werde ich demnächst noch einmal mit allen Quellenangaben publizieren.

Wer ist Ihre (literarische) Inspiration?

Wald, Wasser, Weltraum, Wiesen, Wolken.

Danke für das Interview.

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Infos und weiterführende Links

Literaturhaus.at

Buchwien.at

Lesungstermine
08.11.2018 18 Uhr Schwedenreiter
09.11.2018 14.30 Uhr Schwedenreiter