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Der Wiener Naschmarkt ist ein Schmelztiegel für verschiedenste Kulturen und kreative Ideen, sowohl kulinarisch, als auch in Sachen Design. Der Fotograf und Hutmacher Nuriel Molcho hat nicht nur deshalb seine Werkstatt hier. Unser Redakteur Fero Zboray hat den Mann mit der ungewöhnlichen Berufswahl genau dort getroffen, um mehr über die kreative Seele zu erfahren.

Falafel oder Wiener Schnitzel?

Immer Falafel. (lacht)

Wer bist du und was machst du?

Ich bin Nuriel Molcho, bin 35 Jahre alt,  Gastronom, Hutmacher und Fotograf. Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch, der eine positive Message verbreiten will.

Ihr seid vier Brüder. Wie war das so bei euch zu Hause?

Wir sind harmonisch miteinander aufgewachsen. Wir haben uns ein Zimmer, bis ich zwölf Jahre alt war, miteinander geteilt. Obwohl das nicht notwendig war, haben wir uns dafür bewusst entschieden. Dadurch hat sich auch unser Freundeskreis vermischt und wir sind bis heute noch sehr eng. Die Familie hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert.

Jakob Untner © 2019

Wer hatte großen Einfluss auf dich?

Meine Eltern. Mein Vater, der gelernter Automechaniker ist, mit seinem Mut und seiner Disziplin. Er ist aus Israel ausgewandert und hat sich der Kunst der Pantomime, gegen den Rat seiner Eltern, verschrieben. Meine Mutter die sich mit 50 Jahren entschieden hat, eine Karriere in der Gastronomie zu starten. Eine Powerfrau.

Deine Eltern sind sehr erfolgreiche Menschen. Hast du da jemals deswegen einen Druck gespürt?

 Nie-nie-nie. Wir wurden auch nie gedrillt in der Schule irgendwelche Noten zu liefern oder die Besten zu sein. Wir wurden ermutigt unsere Kreativität auszuüben, Dinge auszuprobieren und auch positiv mit den Misserfolgen umzugehen.

Wer war der Chef zu Hause: Mama oder Papa?

 Ich habe zwei sehr dominante Eltern. Mein Vater sagt immer: der Mann ist der Kopf der Familie und die Frau ist der Hals und bewegt ihn wie sie will.

Jakob Untner © 2019

Warum Hüte und warum Fotografie?

Ich wollte mir keinen klassischen Hut kaufen und habe dann bei diversen Hutmachern nachgefragt, ob sie auch maßgeschneiderte Hüte machen. Entweder kam ein Nein oder ein „Es kostet 1500-2000 Euro.“ Das war mir einfach viel zu teuer. Dann habe ich auf Youtube Videos geschaut, ob es möglich ist einen alten Hut zu kaufen und den dann umzugestalten. Ich machte Screenshots von den Werkzeugen, die ich in diesen Tutorials gesehen habe und habe angefangen, im Internet und auf Flohmärkten, nach diesen Werkzeugen zu suchen. Auch wenn am Anfang die Hüte nicht perfekt waren, habe ich sie getragen und es hat den Leuten sofort gefallen. Ich habe auch Hutmacher kontaktiert, um unter anderem eintägige Praktika bei Ihnen zu machen. Nach und nach bin ich immer besser und besser geworden.

Wir haben für das Neni (Gastronomieunternehmen) immer mit einem Fotografen zusammengearbeitet und ich war von Anfang an daran interessiert, wie alles genau funktioniert und habe den Fotografen alles Mögliche gefragt. So wuchs mein Wissen und mein Interesse. Ich finde es wichtig, dass man den Mut hat, wenn man etwas nicht kann, bei Leuten nachzufragen, die das schon können.

Jakob Untner © 2019

Wie finanzierst du dein Leben?

80% durch das Neni – ich bin für das gesamte Marketing verantwortlich. Nur durch die Hüte und die Fotografie könnte ich mir das Leben zur Zeit nicht finanzieren.

Du hast ungefähr vor einem Jahr geheiratet. Woher hast du gewusst, dass es die Richtige ist? Bei mir zum Beispiel war es so: ich konnte von Anfang an so sein wie ich wirklich bin, ohne mir Gedanken machen zu müssen. Das zweite Kriterium war, dass ich gerne nach Hause gekommen bin. Was war es bei dir?

Ich war der ewige Single. Und war so mit meiner Arbeit beschäftigt, dass es unmöglich war, eine Partnerschaft einzugehen. Es hat auch was mit dem Timing zu tun. Man wird weiser, älter und dann kam Audrey in mein Leben. Ich habe ein ganzes Jahr um sie kämpfen müssen. Wir sind per Zufall, weil sie auf der Suche nach einer Wohnung war, gleich nach zwei Monaten zusammen gezogen. Viele haben uns davon abgeraten, aber es war so harmonisch und wir haben uns so gut verstanden. Nach zwei Jahren habe ich ihr den Heiratsantrag in Tel Aviv gemacht, obwohl ich den Ring schon seit einem Jahr hatte. Ich habe auf den richtigen Moment gewartet. Wir haben dann auch erst nach zwei Jahren geheiratet und ein Jahr nach unserer Hochzeit haben wir unsere Hochzeitreise nach Japan gemacht.

Wo siehst du dich in fünf oder zehn Jahren?

Ich mache mir ehrlich darüber keine Gedanken. Weder die Hüte noch die Fotografie waren geplant. Wir (Annahme „Neni“) sind gegenüber neuen Möglichkeiten offen – was wir aber in letzter Zeit mehr praktizieren, ist „Nein“ zu sagen und zu schauen, dass wir nicht in Richtungen wachsen, die nicht zu uns passen.

Wie wichtig und wie prägend war und ist der jüdische Glauben für dich?

Wir sind mit dem Wissen und den Traditionen aufgewachsen, aber wir wurden nicht religiös erzogen. Mir geht es mehr um die Werte, als um die Religon. Ich finde alle Religionen sollten irgendwann zu einer gemeinsamen Religion zusammenfließen.

Die jetzige politische Lage (vor dem Strache / Ibiza Video und den Neuwahlen) in Österreich ist rauer geworden und Rassimus und Antisemitusmus stehen im Raum. Wie wird das von dir und von der jüdischen Community wahrgenommen?

Ich denke, dass der Rechtsruck leider ein weltweites Phänomen ist, obwohl es sehr viele Leute gibt, die sich für das Positive und den Zusammenhalt in der Welt einsetzen und kämpfen.

Einige FPÖ-Werbungen, finde ich rassistisch und keiner regt sich wirklich darüber auf.

Ich bin der Meinung, dass jeder von uns etwas leisten kann um die Gesellschaft zu verbessern. Was ist es bei dir?

Ich versuche mein Umfeld so positiv wie es geht zu beeinflussen und ich teile sehr gerne mein Wissen.

Diese positive Energie und der Humor, der dich umgibt, woher kommt der?

Mit 18 habe ich begonnen sehr viele Bücher zu lesen, nicht nur „Selfhelp“ sondern auch andere Bücher. Diese Phase hat ungefähr fünf Jahre gedauert, wo ich ununterbrochen viel gelesen habe. Ich bin draufgekommen, es ist nicht schwer gut drauf zu sein. Es geht darum auf was du deinen Fokus legst. Es ist genauso leicht positiv, wie negativ zu sein.

Hast du noch abschließende Worte an unsere Leserinnen und Leser?

Traut euch, den ersten Schritt in eure leidenschaftliche Richtung zu machen, auch wenn es Menschen gibt, die euch davon abhalten wollen. Meine ganze Familie ist ein perfektes Beispiel dafür, dass es funktioniert. Eine leidenschaftliche Arbeit macht glücklicher als eine profitable.

Danke für das Interview!

Jakob Untner 2019

Infos und Links

Instagram Nuriel Molcho

Instagram Neni Food